Guter Mond du gehst so stille

Wie viel würdest du bezahlen, um zum Mond zu fliegen?

Zum Mond zu fliegen ist nicht notwendig.

Lies das folgende Gedicht von Karl Enslin.

Dort erfährst Du mehr über den Zauber des Mondes.

Kostet auch nichts, nur ein wenig Hirnschmalz und Empathie.

Das Wahre das Wichtige kannst Du nicht bezahlen.

Es wird Dir geschenkt

Vincent Willem van Gogh
Geboren am 30. März 1853

Guter Mond, du gehst so stille
Guter Mond, du gehst so stille
Durch die Abendwolken hin;
Deines Schöpfers weiser Wille
Hieß auf jener Bahn dich ziehn.
Leuchte freundlich jedem Müden
In das stille Kämmerlein!
Und dein Schimmer gieße Frieden
Ins bedrängte Herz hinein!

Guter Mond, du wandelst leise
An dem blauen Himmelszelt,
Wo dich Gott zu seinem Preise
Hat als Leuchte hingestellt.
Blicke traulich zu uns nieder
Durch die Nacht auf’s Erdenrund!
Als ein treuer Menschenhüter
Thust du Gottes Liebe kund!

Guter Mond, so sanft und milde
Glänzest du im Sternenmeer,
Wallest in dem Lichtgefilde
Hehr und feierlich einher.
Menschentröster, Gottesbote,
Der auf Friedenswolken thront:
Zu dem schönsten Morgenrothe
Führst du uns, o guter Mond!

(Karl Enslin, 1819-1875, deutscher Dichter)

Somnolia

Madame Somnolia du Schöne
Schwere Lieder sind der Schwerkraft ausgesetzt
Werden immer schwerer
Als ob gezogen
Mit Gewichten zentnerschwer

Was kann man tun
Zwinkern mit den Liedern
Kopf nach hinten strecken
Schultern heben dehnen
Gähnen Atmen Nase schniefen
Sich die eigenen Wangen kneifen


Nur Sekunden Liederflattern
Dann ein Zucken aller Glieder
Dann rechts als wie ein Blitz ihn trifft

Für Augenblicke Wachheit ihn durchströmt
Der Puls steigt hoch
Wärme nun erfüllt die Wangen
Kleiner Schwindel ihm zu Kopfe steigt
Nur Sekunden er ganz wach

Doch heimlich dann
Erst kaum zu spüren
Kommt Madame Somnolia zurück
Lieder wieder schwer wie Blei
Bilder steigen auf
Frühlingsdüfte Weihnachtsdüfte
Eine Wanduhr tickt

Der Kampf um Wachheit geht verloren
Somnolia du Schöne
Komme nun ergeben mich
Lass mich vergessen schwere Lasten
Verwische alles was den Kopf noch füllt

Hülle mich in einen schönen Traum

Somnolia du Schöne

Schwarzer Hund

Ist es die Krähe die von einem kahlen Ahornbaum hoch oben vom Geäst entfleucht
Ein letztes mal ihr rauer Schrei zu hören ist

Ist es ein Löwenzahn im frühen Jahr
er leuchtend flammend gelb erblüht
dann schnell gereift zur Pusteblume wird

Ein Windhauch dann die Samenkörner
die mit einem Schirm versehn ganz zart
davon trägt
Verschwinden dann und hoffen
der einst als neues Kraut
so gelb und wunderschön
erneut erblühn

Ist es ein runder rauer dicker alter Stamm der moosbegrünt sich stattlich zeigt
doch innen morsch
bereits nach Moder riecht
und bald vergeht.

Vielleicht ist’s das was viele fürchten
ist’s der Tod.
Man fürchten Ihn,
doch bringt er nicht
nachdem sich alles sehnt.

Ein Friede dann der nichts mehr hofft
und nichts mehr will

Komm schwarzer Hund
vollend dein Werk
damit dann endlich
nichts mehr ist

Goethes Faust: Letzte Worte

Demokratiemüde? Populisten hinterherlaufen? PolitikerInnen Bashing?

Nicht mit mir!

Empfehle mal den Faust zu lesen und sich nicht auf Halbwahrheiten, Fake News zu hören.

Dummes Geschwätz auf Stammtisch Niveau hilft auch nicht weiter.

….. „Das ist der Weisheit letzter Schluß:

Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muß.

Und so verbringt, umrungen von Gefahr, Hier Kindheit, Mann und Greis sein tüchtig Jahr.

Solch ein Gewimmel möcht ich sehn. Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.

Zum Augenblicke dürft ich sagen: Verweile doch, du bist so schön !

Es kann die Spur von meinen Erdetagen nicht in Äonen untergehn.
Im Vorgefühl von solchem hohen Glück, Genieß ich jetzt den höchsten Augenblick.“

Goethe Faust

Frühlingserwachen?

Der Frühling kommt

Der Frühling kommt was bringt er dir
Sonne die Du meidest

Helligkeit die Unruh schafft
Weil außen bunt und innen grau und fad und alt

Licht das den Schmutz der Ecken lüftet
Es zeigt den Restedreck aus all den Jahren

Der angesammelt sich als Lebenskehricht

Vogelzwitschern laut und schrill

Farbe deren Pracht so schnell
verschwindt und Wärme die zur Schwüle neigt

Aufbruch die Gewohnheit raubt
doch eigentlich sich alles immer gleicht

Seelenschmerz weil Neues trügt

Alle lieben diese Zeit von Anbeginn
Er nicht, ist wohl ein rechter Sonderling

Da steh ich nun, ich armer Tor…..

img_20181108_1007338301515884846230632.jpg
Goethe

Faust: Habe nun, acht! Philosophie, Juristerei und Medizin.

Und leider auch Theologie. Durchaus studiert, mit heißem Bemühn.

Da steh ich nun, ich armer Tor!
Und bin so klug als wie zuvor.

Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen, Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen, mich plagen keine Skrupel noch Zweifel fürchte mich weder vor Hölle noch Teufel.

Dafür ist mir auch aller Freud entrissen, bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen.

Bilde mir nicht ein, ich könnte was lehren,
Menschen zu bessern und zu bekehren.

Auch hab ich weder Gut noch Geld noch Ehr und Herrlichkeit der Welt.

Es möchte kein Hund so länger leben!

Drum hab ich mich der Magie ergeben, mir durch Geistes Kraft und Mund, nicht manch Geheimnis würde kund.

Daß ich nicht mehr mit saurem Schweiß
Zu sagen brauche, was ich nicht weiß.

Daß ich erkenne, was die Welt Im Innersten zusammenhält.

Schau alle Wirkenskraft und Samen und tu nicht mehr in Worten kramen.

Faust: „Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen, gewöhnlich aus dem Namen lesen.

Wo es sich allzu deutlich weist, wenn man euch Fliegengott, Verderber, Lügner heißt.
Nun gut, wer bist du denn?“

Mephistopheles: „Ein Teil von jener Kraft, die stets das Böse will und stets das Gute schafft.“

Goethe: Faust

Herbstgedanken

Du guter Herbst
Du kühlst.
Du ziehst in deinen Bann mit Gold und Rot und all dem dazwischen.
Du gibst eine Ruhe zurück.
Du weist den Weg nach innen, nimmst den Drang zu zeigen.

Guter Herbst

Du später Herbst
Lichtdunst der kühlt.
Dämmrung die ruht.
Honigträchtger Kerzenduft.
Fettköstliche Gans.
Dunkelstarker Gerstensaft.
Sauerstarkes Kappeskraut.
Nachtsüße Schokoladenlust.
Das ist der späte Herbst.

Später Herbst

Willkommen im Klippdachsland

Der Verfasser widmet diesen Text Frau Prof. Ruth Lapide.
„Ruth Lapide geb. Rosenblatt (* 1929 in Burghaslach) ist jüdische Religionswissenschaftlerin und Historikerin. Nach dem Tod ihres Mannes Pinchas Lapide im Jahr 1997 begann sie eine Karriere als Autorin und Lehrbeauftragte der Evangelischen Fachhochschule in Nürnberg.
Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem jüdischen Religionswissenschaftler Pinchas Lapide, setzte sie sich intensiv für die Versöhnung von Juden und Christen, für die Verständigung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Staat Israel und für die Annäherung der drei großen monotheistischen Religionen ein.“

Mit großer Sympathie danke ich auch Dr. Angelika Magiros Dr. Elfi Danielzik-Storckund meiner geliebten Frau Doris

Schreibhemmung
Weißes Textfeld leer und fordernd. Himmelblauer Hintergrund, langweilig und bedeutungslos. Die Schreiboberfläche von Word auf dem Flat-Screen. „Warum schreibst Du jetzt nicht Flachbildschirm?“ Ein schönes deutsches Wort? Immer diese Anglizismen. So was in Denglisch.
Mir gefällt Flat-Screen besser, dachte er, irgendwie passt es besser, klingt auch besser, spricht sich besser, klingt moderner, wissender, für einen, der den Überblick hat. Für einen, der sich für so klug hält, die Dinge von außen zu betrachten und so besser einschätzen zu können.
Aber stimmte das wirklich? Hatte er tatsächlich den Überblick und schaute von außen, sozusagen als Betrachter auf die Dinge seines Lebens?
Niemals! Was für eine Selbstüberschätzung lag darin! Wie blöd musst Du eigentlich sein, Dich so zu sehen? Und schlimmer noch: Dich so zu präsentieren!
Es ist alles eitel, sagt der Dichter.
„Bitte ein wenig konkreter:
Ich bin eitel!“
Vor Tagen hatte er ein Gedicht im Web gefunden.
Vom Dichter Andreas Gryphius von aus dem Jahr 1637.
Verfasst mitten im 30 jährigen Krieg.
Das geht, in moderner Fassung, so:

„Es ist alles eitel
Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden.
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein.
Wo jetzt noch Städte stehn, wird eine Wiese sein.
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.
Was jetzt noch prächtig blüht, soll bald zertreten werden.
Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch’ und Bein.
Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.
Der hohen Taten Ruhm muss wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, bestehn?
Ach was ist alles dies, was wir für köstlich achten.
Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind.
Als eine Wiesenblum’, die man nicht wieder find’t.
Noch will, was ewig ist, kein einzig Mensch betrachten!“

Oft schon, in den letzten Monaten, hatte er dieses Sonett, das ist wohl die richtige Bezeichnung für diese Form der Gedichte aus dieser Zeit, gelesen.
Gefiel ihm immer besser. Der Inhalt sowieso. Aber auch diese altertümliche Sprache, die Versform, das Versmaß. Einfach schön zu lesen.
Na ja bis auf das Schäferskind….

Über das Land der Klippdachse zu schreiben ist schwierig für einen wie mich, dachte er.
War er doch dort geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen, hatte ganz in der Nähe studiert, geheiratet ,eine Familie gegründet und, lebte immer noch dort.
Also der wissende Blick des Außenstehenden?
Abermals eine Anmaßung?„Ja so ist es. Hör auf, zu schreiben. Lass es sein, kommt nichts bei raus.“
Du kannst ja nur für dich schreiben.
Sozusagen als Möglichkeit zur Klärung innerer Konflikte. Als eine Art von literarischer Katharsis? „Das muss ich mir durch den Kopf gehen lassen.“ Dachte er sich.
Schreiben heißt sich mitteilen wollen. Das was innen ist nach außen kehren, weil es nach außen strebt. Da macht es wenig Sinn zu schreiben ohne den Anspruch, dass Andere ein Interesse daran haben, das Geschriebene zu lesen.
„Für mich jedenfalls,“ überlegte er.
Zurück zu den Klippdachsen.

Der Klippdach
Wer im Web sucht, findet zunächst Folgendes:
Wie die moderne Forschung annimmt, entspricht dem. Klippschliefer der mehrfach in der Bibel erwähnte Klippdachs.
Psalm 104 beschreibt ihn als Tier, das in den Felsen Zuflucht sucht. In den Zahlensprüchen schildert das Buch der Sprichwörter den Klippdachs als machtloses, schwaches Tier, das aber aufgrund seiner Weisheit trotzdem seine Wohnungen im Felsen baut. Einer missinterpretierten Beobachtung der biblischen Redakteure dürfte die Gesetzesvorschrift im Buch Levitikus entstammen, wonach der Klippdachs wiederkäue, aber keine gespaltenen Hufe habe, weshalb er als unrein anzusehen sei. Darauf basiert auch die Parallelstelle im Buch Deuteronomium.
Auch wenn dies letztlich nicht mehr sicher belegbar sein dürfte, sprechen diese Übereinstimmungen der biblischen Schilderungen mit der tatsächlichen Anatomie und Lebensweise des Klippschliefers dafür, den im Deutschen so bezeichneten Klippdachs mit dem Klippschliefer zu identifizieren.

An anderer Stelle ist zu lesen: Eines der Tiere, welche die Israeliten nicht essen durften. Es wird gesagt, dass er wiederkäut, jedoch keine gespaltene Hufe besitzt. Man nimmt an, dass das hebräische Wort shaphan auf den syrischen Schliefer hinweist, ein Tier, das ungefähr so groß ist wie ein Kaninchen. Es hat die Gewohnheit, dauernd die Zähne übereinander zu reiben. Es passt genau auf die Beschreibung von shaphan, zum Beispiel, dass es zwischen den Felsen wohnt, und dass es außergewöhnlich schnell von Fels zu Fels springt.

Es ist auch extrem schwierig zu fangen; eines von diesen Tieren hält steht’s stets Wache.
Wenn ein Feind sich nähert, wird ein Signal gegeben und sofort verschwinden alle Tiere.
Dies stimmt mit der Tatsache überein, dass sie „mit Weisheit wohl versehen sind.“
Aber wieso in aller Welt geht mir dieser Klippdachs nicht aus dem Kopf, dachte er.
Hatte es damit zu tun, dass er vor Monaten, wieder mal auf seinen Streifzügen durch das Web mehr zufällig auf die Seite einer Ausbildungsstätte für zukünftige evangelikale Pastoren gestoßen war?
Dort war zum Anlass der Verabschiedung eines Lehrers in den Ruhestand zu lesen:
„…. verglich Ihn mit dem biblischen Klippdachs, der sich auch in rauer Umgebung zu helfen wisse. Als Herdentier habe er sich nicht nur um sich selbst, sondern wie der Klippdachs vor allem um seine „Artgenossen“, die Studierenden und Kollegen, gekümmert…“
Mag sein. Erinnerungen aus Kindheit und früher Jugend waren geweckt.

Irrlehrer
Laienprediger unterschiedlicher evangelikaler Denominationen bestiegen damals die Kanzeln und Pulte der evangelischen Kirchen und der Gemeindehäuser. Und legten Zeugnis ab, wie es damals hieß.
Das geschah ohne besondere nachvollziehbare Eignung für diese Aufgabe.

Eine wie auch immer geartete theologische Vorbildung gab es wohl kaum oder sie wurde unterlaufen.
Die damals oft von ihm gehörte Begründung dafür:
Studierten Theologen bekämen an den Universitäten eine Lehre verpasst, die sich nicht mehr an der reinen Lehre der Bibel orientieren würde.
Bibeltreue Verkündigung sollte sein. Alles darüber hinaus sei eine gefährliche Irrlehre. Die gelte es zu bekämpfen.
Sie bilde eine große Gefahr für alle, die sich damit beschäftigen würden.
So mancher unbefangene junge Mann, der vorher aus so einer rechtgläubigen Gemeinde kam und sich aufgemacht hatte, um ein universitäres Theologie Studium zu beginnen sei vom rechten Glauben abgefallen.

Mit verheerenden Folgen. Der Teufel selbst habe sich mit Hilfe seiner Helfer an den Universitäten dieser armen Seele bemächtigt und sie verführt.
Nun drohe unweigerlich die ewige Verdammnis.
Es sei denn, er kehre um und schwöre der Irrlehre ab.
Dann – nur dann – sei eine erneute Aufnahme in die Gemeinschaft bibeltreuer Christen wieder möglich.
Der geneigte Leser mag sich nun denken :
Das kann doch nicht möglich sein.
Das ist doch eine mittelalterliche Denkweise.
Das ist doch ein Denken, was schon spätestens nach dem Zeitalter der Aufklärung für überholt erklärt worden ist.
Diese Einwände sind wohl für aufgeklärte, gebildete, modern denkende Menschen plausibel.
„Dennoch ist vom soeben niedergeschriebenen nichts zurück zu nehmen,“ dachte er sich.
Nun aber, bevor mit dem Schreiben fortgefahren wird, braucht es noch,
einer Klärung des an dieser Stelle schon häufiger verwendeten Begriffes:

Evangelikal
Sucht du nach seriösen Quellen im Web wird es sehr schnell unübersichtlich. Man muss sich beschränken, ganz sicher ist die Quellenauswahl subjektiv:
Mehr als 420 Millionen Evangelikale weltweit vereint die „World Evangelical Alliance“ nach eigenen Angaben unter ihrem Dach, insbesondere in den USA, Lateinamerika und Afrika boomt die bibeltreue Bewegung. Die missionarische Sammelbewegung speist sich aus Protestanten unterschiedlicher Herkunft, die eine wörtliche Bibelauslegung und die Sehnsucht nach persönlicher Glaubenserfahrung eint. Die Bibel gilt als oberste Autorität für das gesamte Leben, die Schöpfungslehre wird gegen Darwins Evolutionstheorie gestellt, vorehelicher Sex, Homosexualität und Abtreibung werden abgelehnt. In Deutschland leben nach Schätzungen bis zu 2,5 Millionen Evangelikale, genaue Zahlen kennt keiner.
Das Spektrum der Evangelikalen ist breit: Von Pietisten innerhalb der evangelischen Landeskirchen bis zu charismatischen und anderen Freikirchen oder Gruppierungen.
Als ein zentrales Dokument der weltweiten evangelikalen Bewegung gilt die „Lausanner Verpflichtung“ von 1974. Dort heißt es: „Wir halten fest an der göttlichen Inspiration, der gewissmachenden Wahrheit und Autorität der alt- und neutestamentlichen Schriften in ihrer Gesamtheit als dem einzigen geschriebenen Wort Gottes. Es ist ohne Irrtum in allem, was es bekräftigt und ist der einz ?unfehlbare Maßstab des Glaubens und Lebens.“ Noch weiter geht die Chicago-Erklärung zur Irrtumslosigkeit der Bibel von 1978, auf die sich aber nicht alle Evangelikalen beziehen: „Wir verwerfen die Ansicht, dass die Unfehlbarkeit und Irrtumslosigkeit der Bibel auf geistliche, religiöse oder die Erlösung betreffende Themen beschränkt seien, sich aber nicht auf historische und naturwissenschaftliche Aussagen bezögen.“
Viele Evangelikale geben sich proisraelisch. Dahinter steckt allerdings oft eine problematische Haltung. Denn gleichzeitig halten die Evangelikalen an der „Judenmission“ fest. Die „Deutsche Evangelische Allianz“ hat ihre Position erst im September 2008 bekräftigt: „Gott ruft Gläubige auf, das Evangelium in die Welt zu tragen. Jeder muss diese Botschaft hören – auch das jüdische Volk.“ WOS 365857 4851
In Deutschland leben nach Schätzungen bis zu 2,5 Millionen Evangelikale, genaue Zahlen kennt keiner.
Das war jetzt ziemlich lang.
Und zugegeben nicht wertfrei verfasst.
Alle Quellentexte sind kursiv geschrieben vom Verfasser dokumentiert und können gerne auf Nachfrage genannt werden.
Der Verfasser beabsichtigt auch nicht wertfrei zum Thema schreiben.
Selbst wenn er es wollte würde es ihm sicher nicht gelingen

Musik
Der Verfasser erinnert sich:
In der 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde eine grundlegende Renovierung des Kirchengebäudes erforderlich.
Dieses Vorhaben wurde von einem damals noch jungen und neu in die Gemeinde gekommenen Pfarrers vorangetrieben. Die Ältesten in dieser Gemeinde sahen das Unterfangen kritisch. Viel wichtiger schien ihnen die schon Jahre zuvor durchgeführte Renovierung und Modernisierung des sogenannten Gemeinschaftshauses. Die Besitzverhältnisse für diese Immobilie sind dem Verfasser bis dato nicht klar.
Er schweifte ab. „Darum soll es an dieser Stelle nicht gehen. Also weiter:“
Im Zuge der Renovierung wurde auch das alte Orgelpositiv beseitigt. Alt nicht im Sinne von historisch altem Instrument.
Es war wohl eine Schenkung an die Kirchengemeinde nach dem Kriege aus Amerika, wie immer gesagt wurde.
Ein unglaublich schräg klingender Musikkasten, bei dessen Spielen ab und an einzelnen Tasten klemmten, sodass sich der gerade intonierte Ton nicht mehr abstellen ließ. Dann war der Organist, der Bürgermeister der besagten politischen Gemeinde, gezwungen das Gebläse des Instruments auszuschalten.
Er tat dies mit Hilfe eines Drehschalters aus Porzellan, der am Instrument befestigt war, was dann postwendend mit einem laut vernehmlichen PENG verbunden war.
Der klemmende intonierte Ton blieb dann noch für Sekunden konstant und verabschiedete sich dann aber ebenfalls langanhaltend mit immer leiser werdendem Jaulen.
Zum Schreien komisch.
Was geschah unmittelbar danach?
Nichts.
Kein Lachen, kein Prusten.
Nichts.
„Ach ja, öffentliches Lachen und sich laut freuen ist ja verboten,“ erinnert sich der Verfasser.

Dazu später mehr.
Die Quellenlage zu diesem Thema ist sehr reichhaltig und kaum an dieser Stelle zusammen zu fassen.
Würde dies doch die Grenzen einer Erzählung sprengen und beim geneigten Leser vielleicht Langeweile aufkommen lassen.
Nur so viel in aller Kürze:
Deutlich wird, dass es von Beginn an zu einer Blütezeit vor allem der Kirchenlied Literatur gekommen ist:
„Ab etwa 1670 wurde der Pietismus zur bestimmenden Strömung der deutschsprachigen Kirchenlied Literatur.
Der Pietismus begann als innerkirchliche Reformbewegung, welche die als Erstarrung wahrgenommene Rationalisierung der Theologie aufbrechen wollte (Vom Kopf in’s Herz) und ihr eine auf persönliche Bekehrung und gefühlsbetonte Frömmigkeit gegründete Glaubenspraxis entgegensetzte. Als „Vater“ des Pietismus gilt Philipp Jacob Spener mit seiner 1675 erschienenen Programmschrift Pia desideria. Nach Ablehnung von offizieller Seite fand der Pietismus schnell seinen Platz in privaten Erbauungszirkeln, in deren Stunden das pietistische Kirchenlied von zentraler Bedeutung war.
Die neuen Lieder waren meist betont subjektive, durch sprachliche Bilder geprägte Betrachtungen, in denen Beschreibung des persönlichen Empfindens vor klaren theologischen Aussagen im Vordergrund stand. Die Welt als Jammertal waren geläufige Inhalte. Daneben entstanden kämpferisch-missionarische Lieder, die zu einer neuen, bewussten Bekehrung aufriefen. Im Ganzen sank die literarische Qualität, dieselben abgegriffenen Formeln begegnen immer wieder.
Der Pietismus war bis zum Ende des 18. Jahrhunderts für die Kirchenlieddichtung von großer Bedeutung.

Das Licht
Es roch nach Gummi, abgestandener Gebläseluft, nach Schweiß und säuerlichem Glühweindunst.
Er kannte diesen Geruch aus vielen Jahren Busfahrt. Immer hin und her, immer von Dydena nach Hufenburg und zurück.
Zum Busgrunddunst kamen dann, je nach Jahreszeit, wechselnde Gerüche hinzu und hinweg. Auch die einzelnen Bushaltestellen auf dem Weg zur Schule in Hufenburg hatten unterschiedliche Gerüche.
Beierbach roch nach verbrannter Kohle, nach heißem Sand und, stinkend, nach Schwefeldunst.
Waldenau hatte eine merkwürdige Melange aus Bohröl, Benzin und Kuhstalldunst zu bieten.
Spitzenstein bot ein zweifaches olfaktorisches Erlebnis:
Dunst vom Wurstkessel und von Schweinemist aus der nahegelegenen Metzgerei gemischt mit dem Duft von frisch gebackenen Brötchen und sich aus dem Gärbottich blähenden Dunst von Sauerteig aus der benachbarten Landbäckerei herbeiwehend.
In Quotenhausen dominierte ganz klar der würzige, oft buttrig süße Duft der gegenüberliegenden kleinen Brauerei. War Vor allem dann, wenn aus dem roten Backsteingebäude über eine Förderschnecke frisch ausgekochtes Gerstenmalz sich breiig dampfend auf einen bereitstehenden Anhänger ergoss, der dann von einem eilfertigen Bauersmann abtransportiert wurden. Futter für sein Vieh. „Die Brauerei kotzt wieder mal!“ dachte er dann bei in solchen Momenten und ihm wurde augenblicklich übel.

Er stieg die enge Treppe hinunter, murmelte ein „Tschüss dann!“ und trat ins Freie, ohne eine Antwort zu erwarten. Augenblicklich atmete er klare kalte Winterluft, die nach nichts roch außer nach: „Du bist zu Hause.“ Er hustete kurz, mehr aus Verlegenheit als aus einem echten Bedürfnis seine Lunge vom Schleime zu befreien. „“Voll peinlich der Tag heute.“ dachte er, zog eine zerknitterte Zigarettenpackung aus der Parkatasche, nestelte, suchte und wurde schließlich fündig.
Der alte Bus schloss zischend die Tür und setzte sich träge brummend in Bewegung.

Das Feuerzeug fand sich in der anderen Manteltasche. Es zündelte hell, sogleich sah er eine bläulich gelblich, rötliche Flamme. Die Kippe entzündete sich knisternd. Der Duft war wunderbar. Er sog den Rauch tief ein, behielt ihn eine Weile in sich, um ihn dann deutlich hörbar auszustoßen.
Augenblicklich spürte er einen Schwindel, der sich beim zweiten Zug deutlich steigerte und unangenehm wurde:
„Scheiße, Scheißtag heute. Gut, dass jetzt Ferien sind, Weihnachtsferien. Klassenfahrt mit achtzehneinhalb, die meisten sind noch älter, einige schon fünfundzwanzig, das kann einfach nicht gut gehen. Und dann nur Jungs. Was bleibt da mehr als Saufen, Druckbetankung sozusagen.“

Er überquerte die Straße. Der Schnee knirschte nass, unter seinen Füßen. Ein Wind wehte von Osten her und wischte eisig über sein Gesicht. Er nahm ein Geruch von Kuhstall wahr, der wohle aus dem gegenüberliegenden Gebäude her entgegen wehte. Muffig süßlich, ein wenig stechend wie Salmiak.
Ein paar Schritte weiter an einem alten Gartenzaun and ? entlang. Die Latten des Zaunes trugen weiße Hütchen aus Schnee und glitzerndem Eis. Die Turmuhr schlug einen dumpfen tiefen Schlag. Tong.
Das Geräusch war ihm vertraut und weckte viele Erinnerungen aus der Zeit seiner Kindheit.
An der Zigarette ziehend drehte er sich um und blickte zum Kirchturm. Da stand er samt Kirchenschiff. Schwarz und massig mit aus Granitstein erbaut.

„Diabas“ sagte sein Großvater immer. „Das ist der Stein, aus dem dieses Gebäude erbaut ist.“
Man findet dieses Gestein hier in seiner Gegend. Seit 100 Jahren mühsam gewonnen. Damals noch Handarbeit.
Großvater hatte 30 Jahre im Steinbruch gearbeitet. Entsprechende Hände. Groß, dicke Finger, rau und faltig mit Schwielen an den Kuppen und am Ballen.

Landwirtschaft im Nebenerwerb, wie alle Familien hier. Das war dann vor allem Frauensache, wenn die Männer sich den Sommer über als Maurergehilfen im nahe gelegenen Verliererland verdingen mussten. Harte schwere Feldarbeit, fast alles per Hand und Buckel.
Ein Pflug, ein Wagen aus Holz. Große Speichenräder mit eisernen Laufflächen. Davor, zum Ziehen, eine Kuh manchmal auch zwei. Dunkelrote knochige Kühe. Eher mager und gedrungen, aber muskulös, gehörnt und drahtig. Kleiner Euter, aus dem so oft die Milch tropfte, wenn, auf dem Weg vom Feld, Mensch und Tier die Erschöpfung überkam.

Er kannte diese Geschichten gut, die sich die alten Männer und Frauen erzählten, wenn sie an Winterabenden zusammen saßen und sich unterhielten. Das klang dann so romantisierend ideal, verklärt und vom vielen Nacherzählen immer weiter weg von dem, was wirklich einmal so geschah.
Er saß damals als kleiner Junge mit dabei und hörte zu. Er spürte dann eine Stille, eine Ruhe, die ihn wohlig stimmte. Eine Stille, die durch die Wände der alten Bauernhäuser drang und sich auf die Gemüter legte.

„Geh nach Hause und geh zu Bett.“

Er schritt bergan, schnippte den glühenden Zigarettenstummel in den nassen Schnee. Der Stummel verlosch mit einem leisen Zischen, kaum hörbar, aber auf eine bestimmte Weise eindringlich. So als ob da etwas endgültig und unwiederbringlich zu Ende ging. Da war es wieder, dieses Gefühl von… ?
Etwas nicht zu Beschreibenes, etwas Drohendes, Dunkles, Leeres, Einsames unsagbar Vernichtung und Endgültigkeit Kündendes.

„Geh nach Hause, Du bist betrunken, müde und erledigt. Geh zu Bett, mach die Augen zu und schlaf.“

Weiter bergan. Die Silhouetten der Gebäude, die er erblickte, die ihm so vertraut waren, allesamt kleine Bauernhäuser mit Scheune und Hof. Weder stattlich noch wirklich bäuerlich. Eher klein und geduckt sich aneinander drängend, wie eine Schar von Weiderindern, die sich im nassen Schneeschauer aneinander drängen um Schutz zu finden. Damit nicht genug: Die ehemals schmucklosen Fachwerkfassaden verkleidet mit unendlich trostlosem Eternit. Die Fensteröffnungen ehemals klein und passend, nun herausgebrochen und ersetzt durch große Einflügelfenster, die mehr Licht in die Stuben bringen sollten. Wahrscheinlich sollte so eine Anpassung an die modernen Zeiten gezeigt werden. An eine städtisch kleinbürgerliche Wohnkultur der 60er und 70er Jahre.
Das Ergebnis war erbärmlich. Die letzten Reste des Ausdrucks einer dörflich-bäuerlichen Lebensweise, die eigentlich immer von Sparsamkeit, Entbehrung und trotzigem Fleiß gekennzeichnet war, sind bis zur Unkenntlichkeit verbaut, verhunzt und kaputt saniert worden.
Wenn die Häuser jemals etwas von der wirklichen Identität und der eigentlichen Lebensweise ihrer Bewohner zeigten, ist dies nun verschandelt und damit für immer verloren.
Weiter bergan. Die beiden Straßenlaternen, die an Draht befestigt, gespannt von einem Haus zum andern, milchig weiß ihr spärliches Licht abgaben, schon verloschen.
Er blickte auf und sah am Ende des Weges eine gleißend helle, punktförmige Lichtquelle. Sie strahlte hell und durchdringend, beleuchtet die Fassade, an der sie befestigt war und warf ihren hellen Schein auf den Schnee unterhalb von ihr auf den schneebedeckten Asphalt und, auf den schräg gegenüberliegenden Abhang der wiederum auf eine Hofeinfahrt mündete, die eine weiteres Bauernhaus mit der Straße verband.

Das Rasselchen
Es ist Dezember, kurz vor Weihnachten. Die Verwandtschaft trifft sich zur Geburtstagsfeier.
Die Vorbereitungen zu solch einem Ereignis sind umfänglich. Ein willkommenes Ereignis in einer dörflichen Umgebung. Ein nachmittägliches üppiges Kuchenbuffet ist obligatorisch.
Buttercremetorten, Sahnetorten in beachtlicher Höhe werden hergestellt.
Der Stolz für jede einer jeden Hausfrau.
Er erinnert sich an ein hämmerndes, sägendes Geräusch zu früher Morgenstunden, welches ihn weckte.
Hervorgerufen durch den Handmixer, der wohl starken Kontakt zur Rührschüssel hatte. Dazu der Geruch von Sahne, Vanille, und heiß gelaufenem Elektromotor.
Noch verschlafen und im Pyjama stieg er die Treppen hinunter, öffnete die Küchentür. „Zieh dich erstMmal an.“ sagte Großmutter. Mutter und Tante nickten beifällig, ohne die Arbeit zu unterbrechen.
Großvater saß im Sessel und rasierte sich ebenfalls elektrisch. Das ergab ein unnachahmliches Geräuschkonzert, das ihn noch Jahrzehnte an die Weihnachtszeit erinnerte.
Abends dann ein deftiges Geburtstagsessen. Der Höhepunkt einer jeden Familienfeier. Kartoffelsalat, Nudelsalat immer. Bratwürste und heiße Fleischwurst ebenfalls. Das Highlight aber immer Pumpernickel, dick mit Margarine bestrichen und mit Scheiblettenkäse belegt, mindestens in drei Schichten. Das ganze in längliche kleine Quadrate geschnitten und nach dem Essen zum Bier oder zum Wein gereicht. Der Wein eine wirklich süße Plörre, Marke Himmlisch Moseltröpfchen oder Kröver Nacktarsch.
Zum Schluss noch, vor allem zur Weihnachtszeit, selbstgemachte Plätzchen aller Art, die himmlische nach Butter, Vanille und Nüssen schmeckten.
Dergestalt gesättigt folgte auch er den Gesprächen der Gäste.
Für die Frauen ganz typisch, eigene Krankheiten, die der Nachbarn und Bekannten. Die schulischen Leistungen der Kinder, im Frühling dann der Zustand des eigenen Gemüsegartens.
Und schließlich, in aller Ausführlichkeit, Dorfklatsch jeglicher Art
Bei Männern hingegen war deren Mitteilungsbedürfnis eher übersichtlich. Bei den Alten war’s der Krieg und ihre Arbeit im benachbarten Siegerland als Maurer. Noch viele Jahre später glaubte er tatsächlich, dass alle arbeitsfähigen Männer Maurer waren und im Siegerland arbeiteten. Oft später dann, das Essen war schon im Gange kam, nun nennen wir Ihn Ottmar.
Er betrat das Wohnzimmer, ihm war anzumerken, dass ihn solche öffentlichen Auftritte deutlich überforderten und sagte:
Nichts.
Was niemanden wunderte. „Ottmar willst du noch Kuchen?“ „Das fehlt noch!“ sagte er.
Er schaute sich um und setzte sich dahin, wo noch Platz war. Frauen reichten ihm Teller und Besteck und rückten ihm die deftigen Speisen zurecht. „Lass es Dir schmecken!“ Ottmar delektierte sich bereits, nickte nur und öffnete die bereitstehenden Bierflasche.
All das geschah ganz beifällig, niemand nahm Notiz davon.
Einige Flaschen Bier später wurde Ottmar redseliger.
Sein Blick hellte sich dann deutlich auf und bekam dann bald etwas Wehmütiges und Verschämtes.
Er habe mal bald nach dem Kriege ein Flüchtlingsmädchen gekannt. Sie sei schlank gewesen. Dunkle Haare, ein Lockenkopf. Immer unternehmungslustig, zu Späßen und Streichen aufgelegt. Eine gute Tänzerin. Man nannte sie „Rasselchen.“
Alle jungen Männer seien hinter ihr her gewesen. Sie wäre dann aber von einem Katholiken weggeschnappt worden. „Von einem Sudetengauner!“ wie er sagte. Das dieses junge Mädchen wohl die Liebe seines Lebens gewesen ist, erwähnte er mit keinem Wort. Ottmar ist ledig geblieben. Wohnt mit seiner Schwester zusammen, die ihn versorgt.

Kakao und Käse
Emmerich trug meistens eine Baskenmütze. Sein Markenzeichen.
War im Kriege in französischer Gefangenschaft gewesen. Davon berichtete er mit Vorliebe. Von seinen Erlebnissen dort, vom Essen und Trinken und, von den Frauen. Die Schrecken und Grausamkeiten, die Mitschuld dieser Generation am Hiltlerfaschismus verschwieg er, oder hatte sie nicht erkannt. So wie fast alle Männer seiner Generation. Was übrig blieb, waren Geschichten, die in ihrer Verklärung eher an Pfadfinder-Geschichten erinnerten. Voller Verklärung und nostalgischer Idealisierung der damaligen Zeit.
Emmerich war beides. Auf der einen Seite ein beinharter Calvinist, der vehement alles ablehnte, was mit Genuss und Lebensfreude bedeutete.
Auf der anderen Seite ein sentimentalen Lebemann, der gerne aß und trank, vor allem den schweren süßen Moselwein.
Bier holte er sich gelegentlich mit der Milchkanne in der Dorfkneipe. Man sollte nicht sehen, dass er gerne ein Bierchen trank.
Er liebte diesen verkappten Lebemann, der zwischen Frömmelei und leichtem genussvollem Leben scheinbar ohne Problem hin- und herschwankte.
Gerade diese Doppeldeutigkeit, die so zwanglos daher kam, faszinierte ihn.
Mit der Zeit wurden sie Freunde mit einem Altersunterschied von annähernd 40 Jahren.
„Komm doch mit nach Hause, bei uns gibt es heute Abend Kakao und Käse.“ bot er ihm an.
Er schlug dieses Angebot nicht aus und ging mit.
In Emmerichs Zuhause angekommen duftete es schon an der Haustüre nach köstlichem selbstgekochten Kakao.
Auf dem Küchentisch stand dann schon verzehrfertig eine ordentliche Anzahl bereits dick mit Butter und Edamerkäse belegter Weizenbrötchen.
Liebevoll zubereitet von Emilia, seiner Ehefrau. Eine tiefgläubige Frau, die immer sanftmütig und freundlich den Haushalt führte, gut kochte und klaglos akzeptierte, dass er bei seinen häufigen Besuchen seine geliebten filterlosen Gauloise Coporal dabei rauchte.
Emmerichs politische Einstellungen waren denen der den Seinen gegenüber diametral entgegen gesetzt.
Er, der seinem Onkel Theodor nacheifernd Willi Brandt verehrte.
Emmerich dagegen ein Anhänger von Konrad Adenauer und dessen rückwärtsgewandter Politik der Restauration und der Verdrängung.
Typisch für die Bewohner des Klippdachslandes zu jener Zeit.
Wenn er vom Politisieren mit ihm genug hatte, bemerkte er: „Du bist ein hoffnungsloser Kommunist. Wenn der Russe von Osten her hier einmarschiert, wirst Du Bürgermeister,“ was schon fast wieder eine Anerkennung für ihn bedeutete.
Emmerich verstarb sehr früh und er erinnerte sich der bitteren Tränen, die er deswegen geweint hatte.

Elferraus und Apfelstrudel

Oma Christine war eine besondere Frau. Steht’s gütig und darauf bedacht alle Mitglieder ihrer Familie zu achten, vor allem die Kinder.
Eine Köchin, die aus den einfachsten Zutaten köstliche Gerichte zaubern konnte.
Ihr reichten Mehl, Wasser, ein bisschen Hefe, Zucker, Zimt, ein paar Äpfel oder Quark, um einen köstlichen Strudel zu bereiten, der seinesgleichen suchte.

Und, sie liebte Kinder. Lies dann alle Hausarbeit liegen wenn Enkelkinder, Neffen, Nichten zu Besuch waren:
Nachmittags so gegen drei. Seine Schwester und er machten sich auf den Weg. War ja nicht weit. Eine Straße bergab. Das schwarze Kirchengebäude ragte auf der gegenüberliegenden Seite massig empor, der Kirchturm schwang sich empor. Oben in der Mitte des Turms befand sich ein kleines Fenster aus dem ein schwacher Lichtschein zu sehen war. Ein Geräusch war zu hören. Metallisches es Klacken: Klack klack, klack, klack. Der Kirchendiener versah auch an diesem diesigen Novembertag seinen täglichen Dienst. Die Turmuhr musste täglich aufgezogen werden.

Ein schmaler Mann, ein wenig gebeugt schon überquerte dann die Straße, den Schlüssel der Kirchentür schon in der Hand. Ein braver Mann unscheinbar zurückhaltend. Er nuschelte vernehmlich beim sprechen. So als ob er das wüsste, sprach er Recht wenig.

Der Wetterhahn auf seiner Spitze war kaum noch zu sehen. Dann weiter gleich links bis zur zur Dorfkneipe. Wieder links und dann steil bergan. Es nieselte, Kuhfladen bildeten eine schmierige dunkelbraune Masse. Man musste aufpassen darauf nicht auszugleiten. Mitte November, es war den ganzen Tag nicht richtig hell geworden. Trübe, die Wolken schwarzgrau, neblig und dunstig.

Blickte man hangaufwärts nach rechts war da ein Bauernhaus in exponierter Lage. Gleich daneben ein riesiger Ahornbaum mit weit ausladendem Geäst. Früher, im 19. Jahrhundert, hatte dort eine kleine Fachwerkkirche gestanden. Davon ist nichts mehr vorhanden. Nur mündliche Überlieferungen erzählen davon.
Heute wohnte in dem besagten kleinen Bauernhaus ein Wagener, ein Stellmacher mit seiner Frau.
Seinen Beruf übte er schon lange nicht mehr aus. Aber, seine kleine Werkstatt, die Wagenerkammer, die existierte noch.
Er, schon lange in Rente war überdies über den Sommer der Dreschmaschinenführer.
Ein wichtiges und verantwortliches Amt, welchem er sorgfältig, stolz und mit Würde nachkam.
Dazu aber mehr an anderer Stelle.

Weiter bergan. Gleich links dann erneut ein kleines Bauernhäuschen.
Hier wohnte der Hausschlachter, der gleichzeitig auch bei Rückenproblemen und Knochenbrüchen konsultiert wurde.
Ebenso bei einfachen tierärztlichen Behandlungen, die sich vor allem auf das Kastrieren von Katzen und Ferkeln erstreckte, schritt er helfend zur Tat.
Auch dazu mehr an anderer Stelle.
Nach einer kleinen Weile dann war die Steigung überwunden und es ging bergab.

Einige wenige Meter noch. Das Haus der Grosseltern. Erbaut in Stile der 50er Jahre. Steiles Dach mit kleiner Dachgaube.
Das Parterre, als Kellergeschoss genutzt eine massive Bruchsteinmauer in Diabaststein.
Auf das sorgfältigste vermauert, die Mauerecken zusätzlich mit Hammer und Meisel in die Senkrechte gebracht.
Ebenerdig links ein kleiner Hof, gepflastert.
Die Pflastersteine aus Beton gegossen, selbstredend von Hand gegossen und verlegt.
Gleich dahinter rechtwinklig zu Haus der Schweinestall.

Gleich obenauf im ersten Stock mit einem Fenster zum Hof Opas Schreinerwerkstatt, besser Werkstatt für alles was gebaut, instandgesetzt, und aufgefrischt werden musste.

Vor dem Hause, ein kleines Gärtchen mit einer Rosenblumen Rabatte. Und der Mitte ein Bank, grün gestrichen und selbstverständlich von Grossvaters Händen hergestellt.

Zurück zum Hauseingang. Eine steile Treppe führte zur Haustüre.
Eine Türklingel war nicht erforderlich.
Oma war eigentlich immer, wenn Sie zuhause war in ihrer Küche und werkelte dort.
Sie brauchte dann lediglich aus dem Fenster zum Hof hin zu schauen und hatte damit die Haustüre fest im Blick.
So war es auch diesmal.

„Kummt rinn. S gebt Strudel.“ sagte sie im unverwechselbaren Dialekt der Donauschwaben und strahlte uns einladend an.
Kaum in der Küche, die Anoraks vorher an der Garderobe abgelegt.
„Wollt ihr Kaba?“
„Au ja gerne“
Oma Griff zu einem himmelblauen kleinen Kochtopf der auf dem Ölherd stand.
Die Milch war warm. Schnell drei Teelöffel „Kaba“ in beiden großen Tassen. Die Wärme Milch dazu umrühren und fertig.
„Schmeckt ja so gut“ sagte seine Schwester.
Sahnig, milchig, nach Schokolade und nach Vanille schmeckend, herrliche duftend.

Der Geschmack und Geruch der Kindheit, den man nie vergisst.
Überhaupt ein harmonisches Konzert von Düften erfüllte Omas kleine Küche.
Da war der Hefeteig der sich bereits gährend in einer Steingutschüssel blähte.
Süsssauer der Duft der bereits geraffelten Backäpfel, aus dem eigenen Garten, bereits ein wenig goldbraun angelaufen. Vanillezuckerduft.

Und kaum riechbar der Geruch des brennenden Ölherds, eine hauchfeine Petrolnote, die nicht störte, sondern das olfaktorische Erlebnis komplettierte, eben der Grosseltern Hausgeruch, so wie damals jedes Haus seinen typischen unverwechselbaren Geruch hatte.

„Wo ist eigentlich der Opa?“ fragte eine Schwester, die noch ein kleines Kakaobärtchen an der Oberlippe hatte.

„Där iss beim Balzer (Balthasar). Duut Ihm helfe.“ antwortete Oma.
Balthasar war der Gatte von Ernestine, die Tochter von Oma.

Balthasar war ein kluger steht’s verschmitzt lächelnder Mann. Immer zu Scherzen aufgelegt. Ein lieber Gatte und vorbildlicher Schwiegersohn. Genau so seine Ernestine. Sehr kinderlieb, herzlich, gemütvoll, so wie bei der ganzen Familie zu beobachten.

Alle zusammen Donauschwaben, seit Jahrhunderten aus Not und Verfolgung flüchtend im Balkan eine neue Heimat. Da war wohl eine glutvolle emotional offene slawische Seelenverwandtschaft entstanden, der die Familienbande überalles ging und Kinder immer die wichtigste Rolle einnahmen.

Und fleißig waren sie, sehr fleißig, aber auch immer bereit zu feiern, gut zu essen und zu trinken.

Die Küche der Donauschwaben, war stark beeinflusst von der K.u.k-Monarchie des 19. Jahrhunderts und deren Multikulturalismus. Sie brachte eine völlig neue Küche ins Klippdachsland. Zutaten wie Knoblauch, Gemüse wie Tomaten, Paprika waren dort bis dahin unbekannt.

Hasan, ein Albaner aus dem Kosovo arbeitete auf dem Sägewerk, gleich am anderen Ende des Dorfes.
Er, schon in den 60er Jahren als „Gastarbeiter“ nach Deutschland gekommen, wohnte inmitten des Dorfes gleich beim Raiffeisen Lager.
Dort wurden vor allem Futtermittel verkauft.
Die kleine Lagerhalle hatte vor Kopfe einen noch kleineren Anbau der als Kasse, als Bank diente.
Dort arbeitete der Buchhalter des Raiffeisen Vereins. Ein gestrenger älterer Herr, stehts mit verdrieslicher Miene. Er gehörte der ansässigen Darbistengemeinde an, von der an anderer Stelle zu berichten ist.
Nun, die Bankfiliale war seit kurzem geschlossen worden und der ältere Herr der „Raiffeisen Pädder“ genannt wurde erhielt seine Rente.
Hasan nahm die Gelegenheit beim Schopfe, bewarb sich als Mieter mit dem Versprechen alle notwendigen Renovierungsarbeiten selbst zu tätigen und war von nun an der neue Mieter.
Hasan besuchte Woche für Woche den Opa.

Immer Samstag Nachmittag. Der guten Tradition folgend zog er an der Haustüre steht’s die Schuhe aus, ein Brauch der auch bei Opa und Oma üblich war.
Man begrüßte sich schon an der Haustüre herzlich und Opa geleitete den Gast durch die Küche hinein in angrenzende Wohnzimmer.
Von nun an sprach man ausschließlich serbisch, die Muttersprache von Hasan. Opa bot Ihm steht’s zur Begrüßung einen Racki an. „Wilscht n Rackel Hasan?“ Hasan nahm dankend an. Man unterhielt sich man sprach über Alles. Über die Arbeit, über die alte Heimat, über Politik….. . Und natürlich über Fussball, schließlich begann pünktlich um 17:30 die Sportschau auf dem Ersten. Oma kochte Kaffee und kredenzte einen köstlichen, am vormittag gebackenen Mohnstrudel, ein Hefegebäck, als Zopf geflochten, der so unvergleichlich leicht und locker gebacken war und köstlich zu Bohnenkaffee mundete.
Pünktlich dann gegen 18:30 verabschiedete sich Hasan dann. Man gab sich die Hand, oder klopfte sich freundschaftlich auf die Schulter. Opa begleitete Hasan zur Haustüre. Der zog seine Schuhe wieder an und trat nochmals grüßend den Nachhauseweg an.

Oma hatte inzwischen Küchenfenster und Wohnzimmerfenster geöffnet.
Dabei sagte Sie steht’s:
„Huii drr Hasan däär hott Stinkfiess“

Dies nur als ein Beispiel für die folgende Aussage:

Eine Verhärtung und Engführung in Fragen der Lebensführung, der Politik und der Religion war bei Oma, war in dieser ganzen Donauschwäbischen Familie nicht zu finden.

Man war fleißig, lebte sparsam, tat seine Pflicht, war durchaus gottesfürchtig. Aber nicht auf diese ausgrenzende verhärtete, kalte Art und Weise wie sie im Klippdachsland zu beobachten war.

Ihm tat das immer sehr gut. Es hat sein bisheriges Leben entscheidend geprägt.
Die Oma und auch der Opa haben immer noch ein festen Platz in seinem Herzen.

Elferraus und Apfelstrudel

„Wollen wir Mal Elfer-Raus spielen fragte seine Schwester.“
„Iss gut, mach ich gern mit eich“ sprach Oma, was nicht anders zu erwarten war.
Oma hatte bereits, auf der einen Hälfte des Tisches, den warmes Gefährten elastischen, herrlich duftenden aus der Steingutschüssel herausgenommen und ihn nach allen Regeln der Kunst gewalkt und zu einer Teigkugel geformt.
Das Mehl auf dem Küchentisch verstreut tat sein übriges damit das Werk gelang und der Teig nicht haften blieb.
Feine Staubwölkchen stoben auf und legten sich sachte auf Omas Arme, auf die Brille, ein wenig auch auf ihr silbernes Haupthaar.
Nun legte Sie ein weißes Tuch aus Leinen auf die eine Hälfte des ausgezogenen Küchentisches.
Der Teiballen darauf und kunstvoll im Viereck langsam, behutsam in die Länge gezogen.

Oma wischte die eine Hälfte des Küchtisches blank.
Die Geschwister hatten dort schon auf den Küchstühlen platzgenommen.
Oma öffente die linke Tür des Küchenschranks.
Eine vom vielen benutzen schon angegriffene grüne durchsichtige Plastikschachtel wurde von Ihr herausgenommen.
Elfer-Raus stand in erhabener Schrift darauf.
Die Schachtel barg die Elfer-Raus Karten. Auch schon recht abgegriffen, ein wenig speckig, von vielen spielen ein wenig fleckig.
Die Elferkarten herausortiert in auf dem Küchentisch zu einer senkrechten Reihe sortiert.
Inzwischen hatte Sie den fertig zusammengerollten Apfelstrudel auf ein Backblech geschoben und in den Backofen verbracht.

„Nu geht’s los.“
Das Spiel begann.
Jeder erhält 11 Karten auf die „Hand“
Bei jeden Spieler ordentlich gefächert, nach Zahlen und „Farben“ sortiert.
Der Rest kommt in den „Stock“.
Nun beginnt man passend an die Elfen, die nach Farben zu sortieren sind abzulegen.
Ist keine passende Zahl in der passenden Farbe auf der Hand muss man eine aus dem „Stock“ ziehen.
Ein schönes Kartenspiel, was den Spielern Zeit lässt sich nebenbei zu unterhalten, auch kurze Unterbrechungungen Schäden nicht.

So auch Oma, immerwieder aber ohne Eile nach dem Apfelstrudel zu schauen, der sich nun ganz sachte im Ofenrohr bräunte.
Karamelige Düfte erfüllten Zug um Zug die Küche, vor allem dann wenn Sie die Backofentüre vorsichtig öffnete um Ihr Werk zu betrachten.

Das Kartenspiel nahm seinen Lauf, immerwieder unterbrochen, weil Oma den Backofen öffnete und wieder schloss, fertig gebackenen köstlichen Strudel herausnahm und mit weiteren Strudeln, die noch zu backen waren, hineinschob.
Der Strudel köstlich. Elfer-Raus mit Oma spielen, dabei Strudel essen. Ganz zwanglos, ohne Anstandsregeln und Ermahnungen.

Manchmal wenn er alleine bei Oma war legte er sich auf das alte Chaiselongue gleich rechts unter dem Fenster zum Hof. Sein Kopf auf ein Sofakissen gebettet lauschte er den Freddi, wie Oma immer sagte Freddy Quinn… „Junge komm bald wieder……. .
Jenes Sehnsuchtslied der vielen Geflüchteten in den Nachkriegsjahren, daß die Sehnsucht, das Heimweh nach der alten Heimat besang.

Er hörte dann, ganz still und andächtig zu. Vor seinem geistigen Auge sah er dann die Bilder aus der alten Heimat von Oma, die Sehnsucht danach, den Schmerz und die Verzweiflung derer die vor Krieg und Not geflohen waren.
Das Radio, ein großes Röhrengerät, vorne mit Stoff bespannt, weiter unten die Skala mit den Namen der Städte von denen aus die Sender ihre Radiowellen in den Äther strahlten.

Noch weiter unten große elfenbeinfarbige Druckknöpfe.
Einer jener Knöpfe war im Laufe der Zeit zerbrochen. Der Opa handwerklich und auch kunsthandwerkliche sehr begabt und erfahren hatte jenen Knopf aus Holz nachgebildet, „gschnitzt“ sagte er. Er passte perfekt und ersetzte den entstandenen Schaden.

Links und rechts der Skala zwei große schwarze Drehknöpfe. Der linke für die Lautstärke, der rechte für die Senderwahl.
Drehte man diesen, bewegte sich ein senkrechtes weisses Stäbchen hinter der durchsichtigen Skala in der waagrechten hin und her.
Die Skala war von hinter mit 2 Glühlämpchen beleuchtet, so war alles gut zu sehen.
Er konnte dann auch der Knopf für die Kurzwelle drücken.
Bewegte er nun den rechten Knopf eröffnete sich Ihm die ganze Welt. Auf der Skala die Funk und Radiostationen einer ganzen Welt: Rom, Paris, London, Berlin, Hamburg, Moskau, Reikjawik…. .
Morsezeichen von fernen Schiffen.
Funkten sie etwa den Notruf dididi dadada dididi: Save ouer souls?

Plötzlich eine laute Männerstimme die in tempramentvollen Timbre italienisch sprach, gefolgt von lauter Schlagermusik.

Und dann: Eine sonore sehr bestimmte Frauenstimme:
zwo,neun, sieben, null, zwo, zwo….
Stundenlang hörte er zu.
Das waren die Gemeinagenten aus der Ostzone. So sendeten sie Ihre geheimen Botschaften von West nach Ost, bekamen neue Befehle.
Wie spannend wie abenteuerlich.

Dazu dann das magische Auge des Radiogeräts links oben auf der stoffbezogenen Lautsprecherblende. Hübsch eingerahmt in einem goldenen Rahmen die in der Mitte waagrechte kleine Blitze aufwies.
Dort glühte es geheimnisvoll in einem grünlichen Türkis.
Wählte man einen anderen Sender, breitete sich das Türkis aus, wurde intensiver und zog eine fächerförmige Bahn bis sich die beiden Fächer in der waagrechten zusammenschlossen. …
Wird fortgesetzt……..

Links:

Die Donauschwaben

Donauschwäbische Dialekte

Donauschwäbische Küche

Die Küche

Das erste Auto war ein dunkel rot lackierter VW Käfer. Der war über einen Freund der Familie günstig erstanden worden. Keine 100 Mark, wie sein Vater sagte. Käfer typisch der Geruch in inneren des Fahrzeugs. Ein bisschen nach Fußschweiß mit einer Note von kaltem Zigaretten Rauch und nach Benzin. Am deutlichsten hervortretend aber der Geruch von verbranntem Gummi. Alle Käfer Autos litten in ihrem fortgeschrittenem Alter an immer desselben Krankheit. Die Heizung ließ sich nicht mehr abstellen.
Der Hebel eingerostet, die Lüftungsklappen verhakelt. Im Winter sehr nützlich, aber nur begrenzt ihrer eigentlichen Bestimmung tauglich, nämlich zu heizen. Vor allem die winterlich gefrorene Windschutzscheibe taute man damit nie auf.
Zum Gummigeruch gestellte sich, noch oft scharf in der Nase stechend, der Geruch von Säure. Salzsäure aus der Autobatterie die sich unter der Rücksitzbank befand.
Damals, es war Herbst, schon dunkel. Er fuhr mit Vater in Richtung Herrenbrunnen. Der hatte versprochen einem befreundeten Ehepaar bei Renovierungsarbeiten zu unterstützen. Vater war ein handwerkliches Allround Talent.
Immer wenn ein Handwerker gefragt war, Vater war stets zur Hilfe bereit. So auch an jenem Abend.
Dort angekommen, geklingelt, was für uns schon eine Ausnahme war, weil dort wo Vater und Sohn lebten alle Haustüren gewöhnlich immer offen standen. Günter öffnete. „Guten Abend, schön das Ihr gekommen seid, hereinspaziert.“

Günter mit seiner Frau Kritzel, die mir sogleich einen Kakao anbot, sind beide Darbysten.

Sie betraten die Küche. Helles Neonlicht blendete ihn sofort. Es roch nach Erbsensuppe, vom Abendessen.
Typische Kochküche der 1960er Jahre. Viel zu klein zu eng. Kein Küchentisch.
Nur eine ausziehbare Resopal- Platte, Farbe weiß die zum Essen diente. Keine Küche zum Leben, zum Wohnen zur gemeinsamen Essen und trinken. Blitzsauber, steril und ohne Seele. Wie geschaffen sich Nahrung zuzuführen. Vater war schnell fertig. Küchenschränkchen aufhängen, Leiste ziehen. Fertig. „Willst Du was trinken?“ „Nein, muss noch Fahren.“. „Was essen?“ „Sind schon satt, haben schon zu Abend gegessen.
„Und Du junger Stammhalter“, wie er diese Zuschreibung hasste, Bonbon gefällig?“ „Ja gerne Danke.“ Bayrisch Blockmalz. Schmeckte wiederlich. Nach Küchenschrank, alt, aufdringlich süsslich. Na ja dachte Er sich. „Aus so einer Küche kann’s nicht schmecken.“

Mox continues (Wird fortgesetzt……!

Zum neuen Jahr 2019

Du musst das Leben nicht verstehen

„Du musst das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.

Und lass dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen sich viele Blüten schenken lässt.

Sie aufzusammeln und zu sparen, das kommt dem Kind nicht in den Sinn.

Es löst sie leise aus den Haaren,
drin sie so gern gefangen waren,
und hält den lieben jungen Jahren
nach Neuem seine Hände hin.“

Rainer Maria Rilke
(1875-1926)

„Gegensätze aufeinander zu beziehen anstatt gegeneinander auszuspielen schafft Gemeinsamkeiten“

Johannes Rau zugeschrieben

Allen Lesern meines Blog’s wünsche ich für 2019 Gesundheit und Frieden